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Kollegiales Krisenmanagement

Das Office ist nicht nur Arbeitsplatz, sondern auch Treffpunkt von allerlei Menschen - ob du willst oder nicht. Mit ein bisschen Glück können hier Freundschaften geschlossen werden, aber einigen Gestalten solltest du wahrscheinlich besser aus dem Weg gehen. Um dich anständig auf diese Chaoten vorzubereiten, haben wir dir hier die wichtigsten Typen charakterisiert.




Der Oktopus


Dieser Mensch ist davon überzeugt, dass Multitasking funktioniert und gleichzeitig das beste Beispiel für das Gegenteil. Das Telefon ist zwischen Schulter und Ohr geklemmt, mit der rechten Hand werden Emails beantwortet, während die linke genutzt wird, um dem Kollegen zu signalisieren, dass es wohl noch mindestens 5 Minuten bis zum gemeinsamen Mittagessen dauern wird. Was die Motivation für diesen Stress ist, weiß im Büro niemand so recht. Beeindruckend sieht das Ganze aber auf jeden Fall aus: Manchmal bekommt man das Gefühl, diesem Menschen würden neue Arme wachsen, wenn parallel fünf bis sieben Aufgaben angegangen werden. Spätestens nach dem Mittagessen müssen zusätzlich noch die Fehler ausgebügelt werden, die aufgrund mangelnder Aufmerksamkeit zwangsläufig während des morgendlichen Multitaskings geschehen. Diese Person versucht viel und scheitert an allem. Ab 13 Uhr wird immer hektischer geblinzelt. Ab 15 Uhr solltest du dem Oktopus nicht mehr in die Quere kommen. Er steht offensichtlich unter Druck und niemand kann genau sagen, wann es zur Explosion kommt. Dafür sind aber um 16 Uhr alle Aufgaben erledigt. Zeit für einen Powernap im Zug nach Hause.


 

Die Ordnungsfanatikerin


Diese Person war in der Schule schon besser als du. In allem. Und das wird auch so bleiben. Während du den Tag mit dem langsamsten Spaziergang der Welt in Richtung Kaffeemaschine beginnst, hat die Fanatikerin schon alle Mails beantwortet. Du hast schon vergessen, was du gestern gefrühstückt hast. Diese Person weiß, welches Meeting sie am Dienstag in drei Wochen um 10.45 Uhr haben wird. Manchmal bist du dir unsicher, ob die Fanatikerin eventuell autistische Züge haben könnte. Aber sowas darf man nicht zu laut denken, das schickt sich nicht. Es ist aber schon ein bisschen merkwürdig, dass alle Textmarker farblich sortiert sind und im identischen Abstand voneinander auf dem Tisch liegen. Wenn du dir mit dieser Person ein Büro teilst, brauchst du eigentlich keine Uhr mehr. Denn der Uhrzeiger hat ausgedient. Den Takt gibt jetzt der Bleistift an, der – noch präziser als es jede Atomuhr könnte – alle 15 Minuten einen weiteren Punkt von der To Do Liste streicht. Und während du dich orientierungslos umschaust und nicht genau weißt, was als nächstes zu tun ist, läuft diese Person schon zum nächsten Meeting und verhandelt zum zweiten Mal im Quartal das Gehalt nach. Aber warte mal. Ist das ein besonders großer Kekskrümel auf deinem Bauch? Jackpot!


 

Der Delegator


Der Delegator ist oft eine Vorgesetzte, manchmal aber auch nur ein Kollege, der es immer wieder auf geschickte Weise schafft, dir seine Aufgaben aufs Auge zu drücken. Wenn es nach einem Meeting darum geht, dass die Aufgaben verteilt werden, ergreift diese Person zügig die Initiative. Mithilfe durchschaubarer Schmeicheleien schafft es dieser Mensch, immer wieder echter Arbeit zu entgehen: „Also Katrin, du bist ja so wortgewandt, deswegen wäre es wahrscheinlich am besten, wenn du die Kunden anschreibst. Und der Tobias ist ja mathematisch so begabt, am besten kalkuliert der die Preise. Und Photoshop beherrscht niemand so gut wie der Frederik. Der hat den Katalog im Handumdrehen zusammengebastelt. Das war’s, oder? Na, super. Gutes Meeting. Bis morgen.“ Selbstzufrieden grinsend erhebt sich der Delegator vom Besprechungstisch, schüttelt Hände und setzt sich 5 Meter weiter wieder an seinen eigenen Schreibtisch. In der Nase popelnd schaut er aus dem Fenster und überlegt, ob er heute mal früher gehen sollte.


 

Der ruhende Stein


Der ruhende Stein ist oft schon etwas erfahrener und sitzt nicht selten in der IT-Abteilung. Dieser Mensch war mal ein Oktopus, hat aber schon vor Jahren eine Einsicht gehabt, die sein gesamtes zukünftiges Handeln motivieren sollte: Es wird immer Aufgaben geben und die werden für irgendjemanden immer dringend sein. Egal wie laut die Chefin schreit, egal wie traurig der Werkstudent heult: Morgen ist auch noch ein Tag. Dementsprechend stecken auch unendlich viele Aufgaben an dieser Station fest. Wenn du dich mal wieder ins Büro des ruhenden Steins wagst und durch demütigendes Betteln versuchst, einen Prozess ins Rollen zu bringen, hast du die seltene Chance, ein einzigartiges Naturschauspiel zu erblicken. Der Stein hat sich schon so lange nicht mehr bewegt, dass sich die Natur diesen Teil des Büros Stück für Stück zurückerobern konnte. Die linke Hand sowie die gesamte Tastatur sind von Moos überwuchert. In seinem Haar hat sich eine junge Amselfamilie ein Nest gebaut. Ein ruhiger Bach plätschert durch den Raum und im Hintergrund grasen schüchterne Rehe. Als du beim Eintreten aus Versehen auf einen Zweig trittst, schrecken die Tiere auf und suchen das Weite. Du hörst nur noch den beruhigenden Bach fließen, während der Stein im Schneckentempo 30 Minuten dafür braucht, seinen Blick vom Bildschirm auf dich zu richten. Du wartest hoffnungsvoll auf den richtigen Augenblick, dein Problem vorzutragen. Doch während der Blick des Steins sich Millimeter für Millimeter auf dich zubewegt, streift er die Uhr an der Wand: „Oh… es ist ja schon 17 Uhr…“ Du schaust für eine Sekunde auf die Uhr, um das Ganze zu überprüfen, doch als du zurückblickst, ist er schon verschwunden. Irritiert blickst du dich um, siehst aber niemanden. Als du aus dem Fenster auf die Straße blickst, die 5 Stockwerke unter dir liegt, kannst du grad noch sehen wie der Stein in den Bus einsteigt, der jeden Tag um 17.01 Uhr vor eurem Büro hält.


 

Das cholerische Biest


Das cholerische Biest würde einen Streit mit seinem Spiegelbild anfangen, keine Frage. Es ist nicht so, als gäbe es bestimmte Themen, die man umgehen müsste, um einen Wutausbruch des Biests zu vermeiden. Vielmehr ist die Wut eine dauerhafte Wesenseigenschaft. Morgens findest du diesen Menschen meistens in der Küche. „Niemand in diesem scheiß Büro räumt sein scheiß Geschirr in die scheiß Spülmaschine!“ Wütendes Gestöhne und das Geräusch von zerspringendem Porzellan, das mit Anlauf in die Spülmaschine gedonnert wird, lassen dich wissen, dass du deinen Kaffee lieber später holen solltest. Am besten verstehst du das Biest als eine Landmine und meidest es den gesamten Tag. Das wird deutlich schwieriger, sobald ihr mal gemeinsam an einem Projekt arbeitet. Dann wartet das Biest nämlich darauf, dass du endlich mal auf seine Mails antwortest. Und fängt an, dich zu suchen. Diese Tage bestehen zum Großteil aus strategischem Verstecken. Solltest du länger als fünf Minuten zum Beantworten einer Mail brauchen, wird sich das Biest unter lautem Stampfen zu deinem Schreibtisch bewegen. Versteck dich am besten unter besagtem Tisch und zieh die Knie nah an den Körper. Auf dem Klo ist es wichtig, die Füße in der Schwebe zu halten, damit du nicht erkannt wirst, wenn es unter der Kabinentüre nach deinen Schuhen sucht. Heute ist wahrscheinlich ein guter Tag, um etwas früher zu gehen. Aber Vorsicht! Wenn das Biest dich entdeckt, wird es dich am Kragen zurück an deinen Arbeitsplatz schleifen und dich anschreien, bist du deine Aufgabe zu seiner vollsten Zufriedenheit erledigt hast. Also krabbelst du am besten auf allen vieren in Richtung Ausgang. Vorher noch schnell in der Küche vorbei und die Kaffeetasse auf dem Tresen abstellen. Alles andere wäre ja asozial.


 

Manchmal schaust du dich im Büro um und fragst dich, warum du dir das antust. Dann kommt irgendjemand vorbei, legt dir eine Hand um die Schulter und die andere auf den Bierbauch: „Haha, das sind ja ganz schöne Chaoten. Aber ohne die wär’s ja nur halb so witzig.“ Du bist dir sehr unsicher, ob das Ganze stimmt, willst es aber unbedingt glauben…

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